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50 Jahre Suchtberatung der Diakonie Bayreuth: Ein halbes Jahrhundert unermüdlicher Einsatz für die Menschen

Die Mitarbeitenden der Suchtberatungsstelle – immer für die Menschen da

Es war ein großer Tag für die Suchtberatungsstelle der Diakonie Bayreuth: Sie feierte am 19. Oktober ihr 50-jähriges Bestehen. „Die Gründung der Suchtberatung war damals ein Meilenstein“, betonte Dr. Franz Sedlak, Vorstand der Diakonie Bayreuth und eröffnete mit seiner Begrüßungsrede den Festakt, dem auch Bezirkstagspräsident Henry Schramm, Pfarrer Johannes Neugebauer, Dr. Beate Kuhn (beide Verwaltungsratsmitglieder der Diakonie Bayreuth und Letztere zudem Gremiumsmitglied des Bezirkstages) und Oberbürgermeister Thomas Ebersberger beiwohnten. Von vornherein stellte Dr. Sedlak die Arbeit der Mitarbeitenden der Suchtberatung heraus, denn „nur durch sie ist die Beratungsstelle zu dem geworden, was sie heute ist“. In den letzten 50 Jahren wurde dort unzähligen Menschen geholfen, sie wurden begleitet in ein neues und besseres Leben ohne Suchtmittel. Ohne Partner, Mitarbeiter und Unterstützer wäre das nicht möglich gewesen, doch diese waren immer da. Und mit dem Herzblut und dem Engagement der hochqualifizierten Berater*innen wurde so viele möglich: Die Diakonie Bayreuth ist sehr stolz, solche Menschen in ihren Diensten zu wissen. „An dieser Stelle nochmals einen herzlichen Dank für ein halbes Jahrhundert unermüdlichen Einsatz.“ Die vielen gesammelten Geschichten aus dieser Zeit sind für alle eine Inspiration mit Blick auf die Zukunft und die Verpflichtung bleibt bestehen, die Dienste auszubauen, immer weiter zu verbessern und zu pflegen. Aber Dr. Sedlak ehrte auch die Klienten, die den Schritt gewagt haben, sich anzuvertrauen: „Danke für diesen wichtigen ersten Schritt des Erkennens und sich helfen lassen Wollens.“

Bezirkstagspräsident Henry Schramm dankte der Diakonie Bayreuth und insbesondere dem Vorstand Dr. Sedlak für eine stets offene und konstruktive Zusammenarbeit – selbst in schwierigen Zeiten. Dann wendete er sich direkt der Suchtberatung zu: Seit Jahren nimmt sie sich suchtkranken Menschen an, arbeitet aber auch präventiv, was ebenso wichtig ist. Suchterkrankung ist die häufigste neurologische Krankheit und durch die Angst in den Menschen – in den letzten Jahren besonders durch die Pandemie, Kriege, Geldsorgen – gäbe es leider kontinuierlichen Bedarf an Suchtberatungsstellen. Hier muss sich niemand schämen Hilfe anzunehmen, hier erhält man Unterstützung, Begleitung und Lösungen für die drängendsten Fragen. Als Bezirkstagspräsident ging er aber auch auf die Finanzierungslage ein und schilderte hierzu erst einmal sehr emotional einige konkrete Fälle, die auch er mitbekommen und ihm die Augen geöffnet hatten. Für die Zukunft sieht er die Lage schwieriger werden: Fachkräftemangel, immer strengere Verordnungen, der steigende Bedarf an Beratungsangeboten… es ist wichtig, trotz allem den Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen. Die Suchberatung der Diakonie Bayreuth leistet hier einen unschätzbaren Anteil: „Dafür nochmals ein herzliches Dankeschön und ein vergelt’s Gott.“

Rückblick

Urte Bornschein, Leitung der Suchtberatungsstelle, trat anschließend ans Mikrofon. Sie begrüßte außer den Gästen aus Politik und Verwaltungsrat auch Frau Ehrler, die Geschäftsführerin des Fachverbandes Sucht bei der Diakonie Bayern und selbstverständlich alle ehemaligen Mitarbeiter*innen und unsere Ehrenamtlichen der Selbsthilfegruppen. Sie gab einen kurzen Abriss zur Geschichte der Suchtberatungsstelle: Am 1. Oktober 1973 wurde sie in Bayreuth gegründet. Begonnen wurde die Arbeit mit vier hauptamtlichen Mitarbeiter*innen. Sie führten Beratung für suchtkranke Menschen und deren Angehörige in Stadt und Landkreis Bayreuth und Kulmbach durch, waren aber auch noch für Hof und Coburg zuständig, bevor dort eigene Suchtberatungsstellen gegründet wurden. Auch wurden aufgrund der Mischfinanzierung nicht nur Erwachsenen, sondern auch Jugendliche beraten. Einen Abriss darüber, wie wichtig die Gründung der Suchtberatungsstelle schon damals war, zeigten historische Berichte und Fotos, die auf Stellwänden präsentiert wurden. Frau Bornschein dankte den Kolleginnen Melanie Bauschke und Romanda Kurzawa für die Aufbereitung und Präsentation.

Was über die Jahre konstant geblieben ist, ist der Auftrag, Menschen mit einer Suchtproblematik beim Finden Ihres Weges in Richtung Abstinenz oder kontrolliertem Konsum fachlich zu unterstützen. Dabei spielt es keine Rolle, mit welchem Suchtmittel jemand Probleme hat: Alkohol, Medikamente, illegale Drogen, Essen oder Glücksspiel. Aktuell besteht das Team der Suchtberatungsstelle aus dreizehn Sozialpädagog*innen, zwei Psychologinnen und drei Verwaltungskräften. Die Beratungsstelle hat Außenstellen in Kulmbach und Pegnitz und Außensprechstunden in Hollfeld und Warmensteinach. Die Beratung ist dank der gesicherten Finanzierung durch den Bezirk Oberfranken kostenfrei und die Mitarbeitenden unterliegen der Schweigepflicht. Ein hohes Gut für unsere Klient*innen.

Das Angebot

Die Beratung können Betroffene und Angehörige in Anspruch nehmen. Sie erhalten Unterstützung auf dem Weg aus einer Abhängigkeitserkrankung; von Beratung und Information über Abhängigkeit und Sucht bis zu psychosozialer Betreuung, Krisenintervention und Rückfallprophylaxe. Die Suchtberatung vermittelt in Engiftungsbehandlungen und medizinische Rehabilitation und bietet selbst Ambulante Weiterbehandlung und Ambulante Rehabilitation an. Außerdem gibt es unterschiedliche Gruppen, sowohl fachlich geleitete, wie die Orientierungsgruppe, die Nachsorgegruppe, Angehörigengruppe, Elterngruppe und Freizeitgruppen, als auch Selbsthilfegruppen.

Seit fast vierzig Jahren wir auch im Bereich Externe Suchtberatung im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt St.-Georgen-Bayreuth gearbeitet. Fünf Sozialpädagoginnen beraten und betreuen Gefangene, die ein Suchtproblem haben. Da über 50 % der Inhaftierten eine Suchtproblematik aufweisen, ist die Externe Suchtberatung zu einer unverzichtbaren Säule des Suchthilfesystems im Strafvollzug geworden.

Waren früher Face-to-face-Beratungen mit Einzelpersonen, Paaren oder Familien die Regel, so hat nicht zuletzt die Pandemie dazu beigetragen, dass auch telefonisch und online beraten werden kann. Das Beratungsportal der Diakonie Deutschland sowie DigiSucht, das Online-Beratungsportal für Suchtberatungsstellen stellen hier neue Konzepte dar, die gut in Anspruch genommen werden.

Ein weiteres, sehr spezifisches Angebot der Suchtberatung ist die Ambulante Rehabilitation für Abhängigkeitskranke. Die Suchtberatung ist seit fast 20 Jahren von der Deutschen Rentenversicherung als Rehabilitationseinrichtung anerkannt und behandeln hier Erwachsene mit Alkohol-oder Medikamentenproblemen. Das übergeordnete Ziel ist, die Erwerbsfähigkeit des Hilfesuchenden und seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten oder wiederherzustellen.

Seit 15 Jahren verfügt die Suchtberatungsstelle außerdem über eine eigene Fachstelle Glücksspielsucht für die Beratung von Menschen mit Glücksspielproblemen und deren Angehörige.

Zusätzlich engagiert man sich auch im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt spezielle öffentlichkeitswirksame Aktionen zum bundesweiten Aktionstag Suchtberatung. Auch an Aktionswochen zum Thema Alkoholprävention nimmt die Suchtberatungsstelle teil, um die Menschen dazu anzuregen, ihren eigenen Alkoholkonsum zu reflektieren.

Was sich im Laufe der Jahre in diesem Bereich leider wenig verändert hat, ist die gesellschaftliche Akzeptanz von suchtkranken Menschen. Personen, die es mit immenser Kraftanstrengung geschafft haben, sich ihrer Abhängigkeitserkrankung zu stellen und diese zu bewältigen, haben es im privaten und gesellschaftlichen Kontext immer noch schwer, offen damit umzugehen. Sucht ist leider immer noch ein schambesetztes Thema und wird von daher meist totgeschwiegen. Ein suchtkranker Mensch muss sich auch heute noch in fröhlicher geselliger Runde rechtfertigen, warum er keinen Alkohol trinkt…

Ausblick

Die Suchtberatungsstelle hat sich in den vergangenen 50 Jahren gesellschaftlichen Veränderungen und den Bedürfnissen der hilfesuchenden Klient*innen angepasst und wird dies auch weiterhin tun. Das Bestreben ist es, weiterhin einen möglichst niedrigschwelligen Zugang für Ratsuchende zu bieten und eine gut ausgestattete und professionelle Beratungsstelle zu bleiben.

Im Anschluss an Frau Bornscheins Rede hielt Matthias Nanz einen Fachvortrag zu „Zieloffener Suchtarbeit“ und es fand – ganz speziell – eine Poetry-Slam Performance von Michael Jakob statt: eine moralische Gesellschaftskritik in Bezug auf Süchte.

Bevor der Festakt bei einem Fingerfood-Buffet und alkoholfreien Getränken seinen Ausklang fand, ließ es sich Frau Bornschein nicht nehmen, sich bei Ihrem Team für sein Engagement und Herzblut zu bedanken und alle auf die Bühne zu bitten. Bei einem großen Applaus hallten die Worte von Dr. Sedlaks Begrüßungsrede wieder: „Danke, dass Sie Segen und Hoffnung in das Leben derjenigen bringen, die es so dringend brauchen. Auf die nächsten 50 Jahre!“

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